Eulenspiegel*
in Temeswar
(Retold by Hans Mokka, Temeswar –
p.184)
Whether a Till Eulenspiegel baffled
the Turks hundreds of years ago on the wall of the fortress Temeswar, is of
course not documented. But old Temeswarers claimed to know that it is supposed
to have happened, as they had heard about these events from their predecessors.
What I heard as a child from my mother and from older people, should be recorded
here.
It was a rogue, and it is not
impossible that it was a sutler, that could be brought in connection with the
siege of Timisoara by Prince Eugene. Anyway, on top of the wall appeared a
dancer, who performed all sorts of tricks and astonished Mustafa Pasha and his
high warlords, who could not imagine wherefrom Allah had brought this weird
figure dressed with bells and ribbons, that was not a man, but might rather be a
charming woman, or wore a bosom that was not real. With a rogue, anything is
possible.
Anyway, the figure appearing in the
twilight of the evening entertained the high-ranking Turkish men, and awakened
in some of them the desire to learn more about her or even to possess her. The
appearance seemed to have known the wishes and the taste of her audience and
began to strip off her clothes: first the boots, then the pants, underneath a
woman's top shirt that hung to the knee; then followed the skirt with the
colorful ribbons, only the dunce's cap with the
bells remained on the head, which went well with the mischievously smiling face
with big surprised eyes and a little
snub nose. When the
stripping continued with the stockings, and finally the shirt was to be pulled
over the shoulders, the figure stooped and turned its back to the audience, so
that the gap of the lower back could be seen - and scurried away on the external
side of the wall, before all eyes. Soon afterwards, however, the shirt appeared
on a stick and was waved like a flag.
This game was repeated night after
night and the Turks could not solve the mystery. A high reward was offered to
bring the dancer into the Turkish camp. To solve the mystery, a Turkish officer
sneaked to the location where the figure appeared every night around the same
time, and waited there. However, the figure appeared at a different location and
performed her prank just like on previous evenings. Then ten officers sneaked to
various locations to lie in wait for her. But she appeared in the eleventh
place, where no one expected her.
And so it went, until the Turks put
up a white flag on one of the fortress fortifications on the 13th of
October 1716. Then she was not seen anymore. But the people saw it as another
miraculous sign that they would be freed from the yoke of the Turks. Yes, it is
often not the weapons that defeat the enemy! And because the people knew and had
been told many pranks of Till Eulenspiegel, they believed that it could have
been only he, because he was always with the people and played tricks on the
rich, like when he led the king and his
court to the front of a blank wall and described it to them as a gorgeous
painting..
Until the
Second World War the story was being told about how Eulenspiegel appeared on the
ramparts of Temeswar. Today this prank seems to be forgotten, and that is why it
was recorded here. But could the figure even have been Păcală, the Eulenspiegel
of the Romanians, who danced on the wall? According to Johann Nepomuk Preyer's
Monograph of the Royal Free City of Temeswar, there were "Walachs, Raizen,
Armenians, Jews, who were resident at Temeswar". So, it may be considered that
it was perhaps Păcală. Or it may not even be a legend, like many others are not
legends, but simply resulted from the desire of the people for storytelling, to
cheer up and entertain.
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Eulenspiegel*
in Temeswar
(Nacherzählt von Hans Mokka, Temeswar
– p.183)
Ob ein Till
Eulenspiegel vor Hunderten Jahren auf dem Wall der Festung Temeswar die Türken
verblüffte, ist natürlich urkundlich nicht belegt. Aber daß es so gewesen sein
soll, darüber wollten alte Temeswarer wissen, die diese Geschehnisse von ihren
Vorgängern gehört hatten. Was ich als Kind noch von meiner Mutter und älteren
Leuten darüber hörte, soll hier aufgezeichnet werden.
Es war ein Schelm, und nicht
unmöglich, daß es eine Marketenderin gewesen ist, die mit der Belagerung
Temeswars durch Prinz Eugen in Zusammenhang gebracht werden könnte. Jedenfalls,
auf dem Wall erschien ein Tänzer, der dort allerlei Kunststücke aufführte und
Mustafa-Pascha und seine hohen Kriegsherren in Erstaunen setzte, die es sich
nicht vorstellen konnten, wo Allah diese sonderbare mit Schellen und Bändern
gekleidete Gestalt hergenommen hatte, die kein Mann, eher ein reizendes Weib
sein konnte, oder aber einen Busen trug, der keiner war. Bei einem Schelm ist
alles möglich.
Jedenfalls vergnügte die im Zwielicht
des Abends erschienene Gestalt die hohen türkischen Herren, und in manchem
erwachte die Begierde, sie näher kennen zu lernen oder gar zu besitzen. Die
Erscheinung schien die Wünsche und den Geschmack ihres Publikums gekannt zu
haben und begann die Kleider abzustreifen: Zuerst die Stiefel, dann die Hose,
darunter ein Frauenspitzenhemd, das bis zum Knie hing; es folgte das Röckchen
mit den bunten Bändern, nur die Narrenkappe mit den Schellen blieb auf dem Kopf,
zu dem das verschmitzt lächelnde Gesicht mit großen verwunderten Augen und ein
Stupsnäschen gehörten. Als das Ausziehen mit den Strümpfen fortgesetzt wurde und
schließlich das Hemd über die Schultern gezogen werden sollte, bückte sich die
Gestalt mit dem Rücken zum Publikum, so daß der Spalt des unteren Rückens zu
sehen war – und enthuschte auf der draußenstehenden Seite des Walls vor aller
Augen. Bald danach aber erschien das Hemd an einem Knüppel und wurde wie eine
Fahne geschwenkt.
Dieses Spiel wiederholte sich Abend
für Abend, die Türken konnten das Rätsel nicht lösen. Ein hoher Lohn wurde
ausgesetzt, um die Tänzerin ins Türkenlager zu bringen. Um das Geheimnis zu
lüften, schlich ein türkischer Offizier in die Nähe des Ortes, wo jeden Abend um
dieselbe Stunde die Gestalt erschien, und wartete dort. Jedoch die Gestalt kam
an einer anderen Stelle zum Vorschein und trieb dort ihren Schabernack genau so
wie an den Abenden zuvor. Daraufhin meldeten sich gleich zehn Offiziere, um ihr
an verschiedenen Stellen aufzulauern. Aber sie erschien an der elften Stelle, wo
sie keiner erwartete.
Und so ging es
weiter, bis die Türken am 13. Oktober 1716 eine weiße Fahne auf einem der Werke
der Festung aufsteckten. Danach sollte sie keiner mehr gesehen haben. Das Volk
aber sah darin ein wundertätiges Zeichen, um auch auf diese Weise vom Joch der
Türken befreit zu werden. Oft sind es ja nicht die Waffen, die den Feind
besiegen! Und weil im Volke viele Streiche Till Eulenspiegels bekannt waren und
erzählt wurden, glaubte man schon daran, daß es nur er gewesen sein konnte, weil
er ja mit dem Volk hielt und die Reichen an der Nase führte und hereinlegte, wie
den König und seinen Hof beispielsweise, den er vor die leere Wand führte und
ihm ein herrliches Bild aufschwätzte.
Es wurde
noch bis zum zweiten
Weltkrieg erzählt, wie
Eulenspiegel auf dem
Schutzwall Temeswars
erschien. Heute scheint
diser Streich vergessen
zu sein, und darum wurde
er hier aufgezeichnet.
Oder aber war die
Gestalt gar Păcală, der
Till der Rumänen, der
auf dem Wall tanzte?
Laut Johann Nepomuk
Preyers Monographie der
königlichen Freistadt
Temeswar gab es
„Walachen, Raizen,
Armenier, Juden, die zu
Temeswar ansässig
waren“. Es könnte also
erwogen werden, daß es
vielleicht Păcală war.
Oder aber ist es gar
keine Sage, wie viele
keine sind, die einfach
aus der Fabulierlust des
Volkes entstanden waren
um zu erheitern und zu
unterhalten.
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